Walter Höllerers Gedanken zur Poetologie der Nachkriegsliteratur sind nun in einem Band nachzulesen: Dr. Heribert Tommek, Vorsitzender des Literaturarchiv-Vereins, und Michael Peter Hehl, Archivleiter, haben seine literaturgeschichtlichen und poetologischen Texte zusammengetragen und ediert, zusammen mit einer umfangreichen Bibliografie. Oft werde übersehen, dass „die wegweisende Wirkung Höllerers als Literaturvermittler auf einer intensiven poetologischen und literaturgeschichtlichen Auseinandersetzung des Literaturwissenschaftlers Höllerer mit der Literatur der Moderne basiert, die wiederum nicht zu trennen ist von Höllerers Arbeit als Lyriker und ,Wortkünstler`“, schreiben sie im Nachwort zu dem Band.
In seinen Aufsätzen, Vorlesungen und Reden befasst sich Höllerer mit Gedichten, Romananfängen, Witzen, Sprache im technischen Zeitalter, Parabeln und mehr. Und viele seiner Texte klingen erstaunlich aktuell.
Walter Höllerer: Poetologische und literaturgeschichtliche Schriften 1952-1986. Herausgegeben von Michael Peter Hehl und Heribert Tommek. J.B. Metzler, Berlin 2023, ISBN: 978-3-662-67471-0
Walter Höllerer vermittelte den französischen Nouveau Roman, die Lyrik der Beat Generation und die sprachexperimentelle Literatur osteuropäischer Länder in Zeiten des Kalten Krieges. Auch die Gründung des Literarischen Colloquiums Berlin hatte die Vermittlung internationaler Literatur zum Ziel. Entscheidend dafür war, dass er die Literatur für die Alltagswirklichkeit und für neue Formen der „Sprache im technischen Zeitalter“ öffnete.
Schön früh hatte Höllerer sich mit James Joyce's Poetik der „Epiphanien“ auseinandergesetzt. Auf die ambivalente Struktur der modernen Welt spielt das Motiv der „Flecken“ an, das auch eine Gedichtgruppe im Band „Systeme“ von 1969 bezeichnet. Diese „Flecken“ gilt es als Fluchtpunkte in den inneren und äußeren Landschaften der Moderne neu zu entdecken.
Heribert Tommek: Flecken. Walter Höllerer und ie Epiphanien der Moderne.
edition essay / edition text + kritik im Richard Boorberg Verlag, München 2022.
ISBN 978-3-96707-743-8
Walter Höllerer 100 | Berliner Autorenwerkstatt 2022
In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Sprache im technischen Zeitalter" sind die Beiträge zum 100. Geburtstag ihres Gründers Walter Höllerer versammelt: Ernst Osterkamp, Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, widmet sich unter dem Titel "Federleicht, dynamisch und flexibel" dem Leben und Wirken von Höllerer
Sein Kollege Heribert Tommek, Vorsitzender des Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg e.V., stellt die Poetologie des Lyrikers Walter Höllerer vor, erinnert aber auch an den "Behörden-Sex-Appeal", den Hans-Werner Richter ihm bescheinigte und damit sein Talent zur Vernetzung und zur Förderungs-Acquise herausstellte.
Weitere Beiträge stammen von den Teilnehmern der Berliner Autorenwerkstatt 2022.
Sprache im technischen Zeitalter 245, März 2023
hrsg. von Thomas Geiger, Norbert Miller und Joachim Sartorius
Böhlau Verlag, 15 Euro, ISBN 978-3-412-52765-5
Literatur- und Kulturzeitschriften gehören ganz selbstverständlich zum kulturellen Erbe Europas. Der Sammelband geht der Frage nach, inwiefern Zeitschriften einen transnationalen Diskursraum bilden, in dem sich unterschiedliche Diskurse wie etwa Ästhetik und Politik kreuzen und überlagern. In Einzelstudien werden diesbezüglich Zeitschriften wie Akzente, Sinn und Form, Tel Quel, Kontinent und Der Monat untersucht. Welche Netzwerke lagen der redaktionellen Arbeit jeweils zu Grunde? In welcher Wechselwirkung stehen das Nationale und das Transnationale zueinander? Wie wirkt die Geschichte der jeweiligen Periodika in die Gegenwart hinein?
Basierend auf einer Tagung im Rahmen des „Kulturerbejahrs 2018“ will der Band damit einen Beitrag zu einer komparatistischen Zeitschriftenforschung leisten. Er wurde von Michael Peter Hehl und Heribert Tommek herausgegeben.
Herausgegeben von Michael Peter Hehl und Heribert Tommek. Studien zur Geschichte Europäischer Periodika, Band 2; Peter Lang Verlag Berlin 2021, ISBN 978-3-631-78978-0
Günter Grass war eng mit Walter Höllerer befreundet und hat den Aufbau des Literaturarchivs Sulzbach-Rosenberg begleitet. Zwischen 1955 und 19709 sind in den Akzenten etliche Texte von Grass erschinen, so das alleine hier 85 Briefdokumente vorliegen, die keine reine Geschäftskorrespondenz darstellen, sondern auchästhetische und persönliche Themenfelder berühren. Nicht zuletzt besitzt das Literaturarchiv Materialien aus Grass' Pariser Zeit: Ein Koffer mit einem ersten Tryposkript der Blechtrommel sowie die dazugehörigen Briefe gehören zu den wenigen Archivalien, welche den Produktionsprozess des Romans detailiert dokumentieren.
Der Aufsatz befasst sich mit den Beziehungen der Schriftsteller, das Netzwerk von Verlag - Autor - Medien und Autorengruppen sowie dem Transformationsprozess im Literaturbetrieb der jungen Bundesrepublik Deutschland.
Michael Peter Hehl: Wie Oskar Metzerath in die Oberpfalz kam. Günter Grass im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg. In: Freipass, Forum für Literatur, Bildende Kunst und Politik., Band 3: Widerhall auf das Jahr der Revolten 1968., CH Links Verlag, S. 278-291
Als Hans Bender und Walter Höllerer im Jahr 1953 die im Hanser Verlag erscheinende Zeitschrift Akzente gründeten, war das literarische Leben der jungen Bundesrepublik noch im Aufbau. Der Gegensatz zwischen Bewahren und Aufbruch –, so der Titel eines poetologischen Entwurfs Höllerers –, der für das literarische Feld der 50er Jahre konstitutiv war, stellte auch die beiden Akzente-Herausgeber vor besondere Herausforderungen. Zwar wollte die Zeitschrift in der kontroversen Lage der 50er Jahre dezidiert zwischen progressiven Strömungen und bewahrenden Kräften vermitteln, das Spannungsfeld war jedoch so stark, dass es das avancierte Projekt Benders und Höllerers bereits zu Beginn beinahe zerrissen hätte.
Dass Bender um 1954 in Heidelberg wohnte, Höllerer in Frankfurt a.M. Assistent an der Universität war und der Verlag in München saß, hat zudem eine besondere Kommunikationssituation bewirkt: Viele der redaktionsinternen Besprechungen zwischen Bender und Höllerer sowie die meisten Verhandlungen mit dem Hanser Verlag wurden im Medium des Briefes fixiert. So hat sich aus den ersten Jahren ein ungewöhnlich dichter Briefwechsel erhalten. Hier werden die Probleme und Lösungsstrategien, die Glücksmomente und Hoffnungen sowie die Ängste und Sorgen sichtbar, die mit der Gründung der Akzente verbunden waren. Zugleich sind die Briefe aber auch Dokumente des Beginns der engen Freundschaft zwischen Bender und Höllerer, zweier in vielen Aspekten unterschiedlicher Menschen, die mit unermüdlichem Engagement im Dienste der Literatur tätig waren und so das literarische Leben seit den 50er Jahren entscheidend mitgeprägt haben.
Hrsg. v. Ralf Gnosa und Michael Peter Hehl. Mit einem Vorwort von Michael Krüger. Sulzbach-Rosenberg 2009, 224 S., gebunden, ISBN 978-3-9808442-2-2.
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Mit der Publikation seines ersten Gedichtbandes „Der andere Gast“ (1952) machte sich Walter Höllerer inmitten der jungen Nachkriegsliteratur einen Namen. Nur zwei Jahre später gründete er zusammen mit Hans Bender die Zeitschrift Akzente. Erfolgreich als Literaturwissenschaftler, Dichter und Literaturvermittler, wechselte er 1959 aus Frankfurt am Main auf einen Lehrstuhl an die TU Berlin. Hier gelang ihm mit seinen legendären Veranstaltungsreihen die Verbindung von Literatur, Literaturwissenschaft und Literaturbetrieb, die mit der Gründung des Literarischen Colloquiums Berlin (1963) und der Zeitschrift Sprache im technischen Zeitalter bis heute als seine genuine Leistung gilt. Unter dem Titel „Elefantenrunden“ haben Helmut Böttiger und Lutz Dittrich 2005 für das Literaturhaus Berlin eine Ausstellung und den vorliegenden Katalog erarbeitet.
Helmut Böttiger unter Mitarbeit von Lutz Dittrich. Berlin 2005 (= Texte aus dem Literaturhaus Berlin Bd. 15), 272 S., mit zahlreichen Abb., ISBN 3-926433-42-6.
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Hrsg. v. Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg, Autorin: Barbara Baumann-Eisenack. Sulzbach-Rosenberg 2002 (= Briefe und Texte Bd. 1), 63 S., broschiert, mit 11 Abb., ISBN 3-9808442-0-X.
Inhalt: Die Broschüre gibt Auskunft über das lyrische Werk Walter Höllerers. Sein erster Lyrikband Der andere Gast (1952) und die von ihm herausgegebene Lyrik-Anthologie Transit (1956) sind dabei von besonderer Bedeutung. Charakteristische Themen und Motive seiner Gedichte werden beleuchtet. Ein biographischer Überblick und Hinweise auf Walter Höllerers Poetologie ergänzen die Darstellung.
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Inhalt: Um die zwanzig Briefe und Postkarten von Ingeborg Bachmann befinden sich im Akzente-Bestand des Literaturarchivs Sulzbach-Rosenberg. Es sind Zeugnisse aus der Zeit, als Ingeborg Bachmanns Karriere als Lyrikerin begann. Ihre Beiträge in der Zeitschrift Akzente, Essays und Gedichte, und die damit verbundene Korrespondenz mit Walter Höllerer sollen im Zusammenhang mit dieser frühen Phase ihres Schreibens und Publizierens vorgestellt werden.
Hrsg. v. Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg, Autorin: Patricia Preuß. Sulzbach-Rosenberg 2002 (= Briefe und Texte Bd. 2), 63 S., broschiert, mit 7 Abb., ISBN 3-9808442-1-8.
7,00 € zzgl. Versandkosten zu bestellen unter info[at]literaturarchiv.de
Begleitband zur Dauerausstellung im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg.
Geschichte und Inhalt der Ausstellung und ihre Schwerpunkte, z.B. die Anfänge der Zeitschrift Akzente, Dokumente zur Gruppe 47, Exilautoren und internationale Kontakte.
Hrsg. v. Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg, mit einem Vorwort von Walter Höllerer. Autorinnen: Barbara Baumann-Eisenack und Patricia Preuß. Sulzbach-Rosenberg 1996, 128 S., broschiert.
10,00 € zzgl. Versandkosten zu bestellen unter info[at]literaturarchiv.de